You can read my thesis "An Extensible Theorem Proving Frontend" at https://doi.org/10.5445/IR/1000161074!
publikationen.bibliothek.kit.eduAn Extensible Theorem Proving FrontendInteraktive Theorembeweiser sind Softwarewerkzeuge zum computergestützten Beweisen, d.h. sie können entsprechend kodierte Beweise von logischen Aussagen sowohl verifizieren als auch beim Erstellen dieser unterstützen. In den letzten Jahren wurden weitreichende Formalisierungsprojekte über Mathematik sowie Programmverifikation mit solchen Theorembeweisern bewältigt. Der Theorembeweiser Lean insbesondere wurde nicht nur erfolgreich zum Verifizieren lange bekannter mathematischer Theoreme verwendet, sondern auch zur Unterstützung von aktueller mathematischer Forschung. Das Ziel des Lean-Projekts ist nichts weniger als die Arbeitsweise von Mathematikern grundlegend zu verändern, indem mit dem Computer formalisierte Beweise eine praktible Alternative zu solchen mit Stift und Papier werden sollen. ... mehrAufwändige manuelle Gutachten zur Korrektheit von Beweisen wären damit hinfällig und gleichzeitig wäre garantiert, dass alle nötigen Beweisschritte exakt erfasst sind, statt der Interpretation und dem Hintergrundwissen des Lesers überlassen zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, sind jedoch noch weitere Fortschritte hinsichtlich Effizienz und Nutzbarkeit von Theorembeweisern nötig.
Als Schritt in Richtung dieses Ziels beschreibt diese Dissertation eine neue, vollständig erweiterbare Theorembeweiser-Benutzerschnittstelle ("frontend") im Rahmen von Lean 4, der nächsten Version von Lean. Aufgabe dieser Benutzerschnittstelle ist die textuelle Beschreibung und Entgegennahme der Beweiseingabe in einer Syntax, die mehrere teils widersprüchliche Ziele optimieren sollte: Kompaktheit, Lesbarkeit für menschliche Benutzer und Eindeutigkeit in der Interpretation durch den Theorembeweiser. Da in der geschriebenen Mathematik eine umfangreiche Menge an verschiedenen Notationen existiert, die von Jahr zu Jahr weiter wächst und sich gleichzeitig zwischen verschiedenen Feldern, Autoren oder sogar einzelnen Arbeiten unterscheiden kann, muss solch eine Schnittstelle es Benutzern erlauben, sie jederzeit mit neuen, ausdrucksfähigen Notationen zu erweitern und ihnen mit flexiblen Regeln Bedeutung zuzuschreiben. Dieser Wunsch nach Flexibilität der Eingabesprache lässt sich weiterhin auch auf der Ebene der einzelnen Beweisschritte ("Taktiken") sowie höheren Ebenen der Beweis- und Programmorganisation wiederfinden.
Den Kernteil dieser gewünschten Erweiterbarkeit habe ich mit einem ausdrucksstarken Makrosystem für Lean realisiert, mit dem sich sowohl einfach Syntaxtransformationen ("syntaktischer Zucker") also auch komplexe, typgesteuerte Übersetzung in die Kernsprache des Beweisers ausdrücken lassen. Das Makrosystem basiert auf einem neuartigen Algorithmus für Makrohygiene, basierend auf dem der Lisp-Sprache Racket und von mir an die spezifischen Anforderungen von Theorembeweisern angepasst, dessen Aufgabe es ist zu gewährleisten, dass lexikalische Geltungsbereiche von Bezeichnern selbst für komplexe Makros wie intuitiv erwartet funktionieren. Besonders habe ich beim Entwurf des Makrosystems darauf geachtet, das System einfach zugänglich zu gestalten, indem mehrere Abstraktionsebenen bereitgestellt werden, die sich in ihrer Ausdrucksstärke unterscheiden, aber auf den gleichen fundamentalen Prinzipien wie der erwähnten Makrohygiene beruhen. Als ein Anwendungsbeispiel des Makrosystems beschreibe ich eine Erweiterung der aus Haskell bekannten "do"-Notation um weitere imperative Sprachfeatures. Die erweiterte Syntax ist in Lean 4 eingeflossen und hat grundsätzlich die Art und Weise verändert, wie sowohl Entwickler als auch Benutzer monadischen, aber auch puren Code schreiben.
Das Makrosystem stellt das "Herz" des erweiterbaren Frontends dar, ist gleichzeitig aber auch eng mit anderen Softwarekomponenten innerhalb der Benutzerschnittstelle verknüpft oder von ihnen abhängig. Ich stelle das gesamte Frontend und das umgebende Lean-System vor mit Fokus auf Teilen, an denen ich maßgeblich mitgewirkt habe. Schließlich beschreibe ich noch ein effizientes Referenzzählungsschema für funktionale Programmierung, welches eine Neuimplementierung von Lean in Lean selbst und damit das erweiterbare Frontend erst ermöglicht hat. Spezifische Optimierungen darin zur Wiederverwendung von Allokationen vereinen, ähnlich wie die erweiterte do-Notation, die Vorteile von imperativer und pur funktionaler Programmierung in einem neuen Paradigma, das ich "pure imperative Programmierung" nenne.